Wer sich für nachhaltige Outdoor-Bekleidung interessiert, wird das Unternehmen Patagonia, das 1973 in Kalifornien gegründet wurde, kennen. Unbekannter mag hingegen der Mann sein, der es gegründet hat und bislang der Besitzer war. Yvon Chouinard, Sohn franko-kanadischer Einwanderer, ist eine Ikone des amerikanischen Bergsteigens, ein Pionier des Big-Wall-Kletterns. Chouinard ist mit seiner strikten Umwelt-Philosophie zum »grünen Gewissen« der Bergsport-Industrie geworden, verwendet doch Patagonia über 60% recyceltes Material in ihrer Kleidungstücken.
Seit 1985 hat sich Patagonia verpflichtet, mindestens 1% seines Umsatzes für den Schutz und die Erhaltung der Umwelt zu spenden. Bis heute haben sie insgesamt mehr als 89 Mio. US-Dollar in Sach- und Geldspenden an Umweltschutzgruppen weltweit gespendet, die in ihrem direkten Umfeld damit ein Zeichen setzen.
Doch noch nicht genug: Yvon Chouinard hat sich nun im Alter von 83 Jahren mit einem ungewöhnlichen Schritt nicht nur in der Wirtschaftswelt für Aufsehen gesorgt.
Auf den Namen Patagonia kam Yvon Chouinard nach einer Reise durch die Region Patagonien in Südamerika.
"Ich wollte nie ein Unternehmer sein", schreibt Chouinard in einem kürzlich veröffentlichten Statement und verkündet, dass er seine Firma an eine gemeinnützige Organisation und eine Stiftung abgibt.
Demnach haben Gründer Chouinard und seine Familie die Kontrolle über das Unternehmen schon im August abgegeben. Ein Teil der Aktien sei an eine Treuhandgesellschaft gegangen, ein weitaus größerer an eine neu gegründete Stiftung namens Holdfast Collective. "Die Erde ist jetzt unser einziger Aktionär", schrieb Chouinard in einem offenen Brief, der auf der Website von Patagonia veröffentlicht wurde.
"Wir mussten einen Weg finden, um mehr Geld in die Bekämpfung dieser Krise stecken zu können und die Werte der Firma gleichzeitig intakt zu halten", so Chouinard weiter. Alle Gewinne, die nicht direkt wieder in die Firma investiert werden, sollen an die Stiftung gehen. Laut "New York Times" sind das allein in diesem Jahr 100 Millionen Dollar. Dazu habe die Familie bereits 50 Millionen Dollar gespendet. "Hoffentlich wird dies eine neue Form von Kapitalismus beeinflussen, die am Ende nicht zu ein paar reichen und einem Haufen armer Menschen führt", sagte Chouinard der Zeitung.
Patagonia bleibt ein profit-orientiertes Unternehmen
Es war ein Prozess, der rund zwei Jahre gedauert hat. Mitte 2020 soll Gründer Chouinard seine Berater damit beauftragt haben, eine gute Lösung dafür zu finden, wie er sein Unternehmen loswerden könnte.
Nun steht fest: Patagonia wird weiterhin als privates und profit-orientiertes Unternehmen mit Sitz im kalifornischen Ventura operieren, mit dem derzeitigen Geschäftsführer Ryan Gellert an der Spitze. Das Unternehmen ist jedoch nicht mehr länger in der Hand der Familie Chouinard. Die neuen Eigentümer sind die nicht-profitorientierte Organisation (NPO) namens "Holdfast Collective" und die neu gegründete Stiftung namens "Patagonia Purpose Trust". Die NPO wird nach Angaben von Patagonia jeden erhaltenen Dollar zur Bekämpfung der Umweltkrise und zum Schutz der Natur und Artenvielfalt einsetzen.
"Die meisten Milliardäre spenden pro Jahr nur einen sehr kleinen Prozentsatz ihres Vermögens, daher ist das ein bemerkenswertes Ereignis in der Geschichte der US-amerikanischen Philanthropie", sagt David Callahan, Gründer von "Inside Philanthropy"
Motive für Philanthropie nicht immer edel
Die Motive dafür, große Summen für gemeinnützige Zwecke zu spenden, seien unterschiedlich und längst nicht immer edel, erklärt Callahan. "Manche versuchen mit ihren Spenden, Steuern zu umgehen oder ihren Ruf und Status aufzupolieren". Bei Patagonia-Gründer Yvon Chouinard seien die Beweggründe klar.
Er habe nie wirklich an ein streng kapitalistisches System geglaubt, sei immer ein Bergsteiger und Naturfreund gewesen, so Callahan. Bei Milliardären wie Chouinard komme hinzu, dass sie ohnehin viel mehr Geld besitzen, als sie jemals in ihrem Leben ausgeben könnten. Darüber hinaus erhält die Familie Chouinard keine Steuererleichterung. Ganz im Gegenteil: rund 17,5 Millionen US-Dollar an Steuern fallen allein für die Übertragung ihrer Anteile an die Stiftung an.
"Es macht keinen Sinn, als Milliardär zu sterben, wenn man zu Lebzeiten so viel Einfluss auf die Welt haben kann" - Yvon Chouinard
Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia
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